Abstand

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Man unterscheidet zwischen dem Seiten- und Tiefenabstand. Etwa jeder fünfte Unfall ist ein Auffahrunfall. Der Sicherheitsabstand zu einem davor fahrenden Fahrzeug sollte aus eigenem Interesse 2 Sekunden betragen. Etwa die Hälfte der Pkw-Fahrer halten im Kolonnenverkehr auf österreichischen Autobahnen den 2-Sekunden Mindestabstand ein.

Gesetz:

Der seitliche Sicherheitsabstand ist nur allgemein gesetzlich geregelt (§ 7 Abs. 1 StVO): Es ist so weit rechts zu fahren, dass keine Personen oder Sachen gefährdet, behindert, belästigt oder beschädigt werden. Die Einhaltung dieser Vorschrift macht es notwendig, die Fahrgeschwindigkeit den jeweiligen Umständen anzupassen.

Auch der Tiefenabstand zu einem voraus fahrenden Fahrzeug ist in der StVO in § 18 Abs. 1 nur allgemein formuliert: Es muss jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich sein. Die realistische durchschnittliche Reaktionszeit des Menschen im Straßenverkehr ist eine Sekunde, wenn man unvorbereitet reagieren muss. Die zweite Sekunde dient zum Ausgleich etwaiger Bremswegunterschiede. Daher ist ein 2 Sekunden Mindestsicherheitsabstand zu empfehlen.

Ein Sicherheitsabstand zwischen nur 0,2 bis 0,39 Sekunden ist eines der Vormerkdelikte (§ 30a Abs. 2 Z. 5 FSG). Bei Abständen unter 0,2 Sekunden wird die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen (§ 7 Abs. 3 Z. 3 FSG). Extreme Abstandsunterschreitungen können auch gerichtlich strafbar sein (insb. Nötigung gemäß § 105 StGB).

Der VwGH (Verwaltungsgerichtshof) und der OGH (Oberster Gerichtshof) akzeptieren bisher einen Abstand von 0,3 bis 0,7 Sekunden bei besonders aufmerksam fahrenden Lenkern (M. Hoffer, 2009, StVO S.86, NWV, ÖAMTC). Höchstgerichtliche Entscheidungen sind immer Einzelfall-Entscheidungen, welche einen Einfluss auf die Gerichtspraxis haben. Dennoch sind es nur Einzelentscheidungen.

Müssen hintereinander fahrende Fahrzeuge anhalten, so sind Kreuzungsstellen freizuhalten: Querstraßen, Schutzwege, Radfahrerüberfahrten und Gleisanlagen. Hinter Schienenfahrzeugen muss man mindestens 20 Meter Abstand halten. Lkw, Busse und dergleichen ("Fahrzeuge mit größeren Längenabmessungen") müssen beim Hintereinanderfahren außerhalb des Ortsgebietes zumindest 50 Meter Sicherheitsabsttand einhalten. Das entspricht 2 Sekunden bei 90 km/h. Dieser Abstand soll vor allem dazu dienen, dass andere Fahrzeuge Lkw-Kolonnen überholen und sich wieder einordnen können.

Überwachung:

Gemessen werden die Abstände mittels technischer Messgeräte: Drei Kameras von Autobahnbrücken und Markierungen auf der Fahrbahn. Die Exekutive besitzt 11 mobile Abstandsmesssysteme, welche seit 19. April 2002 zum Einsatz kommen. Dabei werden auch immer 300 Meter vor der Messung gefilmt, damit niemand ungerechtfertigt bestraft wird, wenn sich ein anderes Fahrzeug davor hineindrängt. Aufgrund von Messungen mit diesem Kontrollgerät wurden in Österreich im Jahr 2014 39.193 Anzeigen und Organverfügungen ausgestellt (dazu kamen noch ca. 12.000 sonstige Anzeigen von Zivilstreifen und sonstige polizeiliche Wahrnehmungen). Auch in den Jahren davor betrug diese Anzahl um die 40.000 (zuzüglich ca. 10.000 sonstige Anzeigen.)

Im Jahr 2016 wurden insgesamt (Verkehrskontrollgerät und sonstige Anzeigen) rund 86.000 Lenker wegen zu geringen Sicherheitsabstandes von der Polizei angezeigt, im Jahr 2015 waren es rund 47.000.

Reaktionszeit:

In Computertests lässt sich die Reaktionszeit bei manchen Versuchspersonen durch einen Ankündigungsreiz auf bis zu 0,2 Sekunden reduzieren. Durch diesen Ankündigungsreiz baut sich im Gehirn ein im EEG messbares elektrisches Bereitschaftspotenzial auf. Diese erhöhte Reaktionsbereitschaft kann aber nur für ca. eine halbe Minute im Gehirn aufrechterhalten werden und müsste dann neu „gestartet“ werden. Es ist also völlig unrealistisch und im höchsten Maße gefährlich anzunehmen, im Straßenverkehr ununterbrochen eine erhöhte Reaktionsbereitschaft aufrechterhalten zu können. 2 Sekunden Sicherheitsabstand sind für eine sichere Fahrt unerlässlich. Eine Sekunde ist die durchschnittliche Reaktionszeit, wenn man nicht erhöht reaktionsbereit ist und die zweite Sekunde dient zum Ausgleich von Bremswegunterschieden, die durch unterschiedliche Bereifung, Bremsanlagen, Bremstechnik des Fahrers etc. bedingt sind. Nehmen Sie Ihren Abstand daher persönlich.


ACC – Abstandsregeltempomat, eine neue Technologie:

Im Fahrzeug eingebaute ACC-Systeme (adaptive cruise control) messen automatisch den Sicherheitsabstand und bremsen das eigene Fahrzeug, wenn nötig automatisch herunter. Wenn das vorausfahrende Fahrzeug wieder beschleunigt, erhöht das ACC ebenfalls wieder die Geschwindigkeit bis zu einem vorher vom Fahrer eingestellten Maximaltempo. Vom Fahrer mit aller Aufmerksamkeit angewendet, birgt diese Technologie Zukunftspotenzial. Gefahr bei Unaufmerksamkeit: Wenn das vorausfahrende Fahrzeug im Radar des ACC verloren geht, und die zuvor eingestellte Geschwindigkeit höher ist als die im Moment gefahrene Geschwindigkeit, beschleunigt das ACC von selbst und überrascht den Fahrer, sofern er gerade unaufmerksam ist. Besonders gefährlich kann das in einer Autobahnausfahrt sein, wo man verlangsamen statt beschleunigen möchte oder auf schneeglatter Fahrbahn. Daher muss das ACC vom Fahrer immer aufmerksam im Auge behalten werden.

Studien:

Tatsächliches Abstandverhalten

Nach einer Studie an repräsentativ ausgewählten Autobahnmessstellen in Österreich im Jahr 2000 ergab sich folgendes tatsächliches Abstandverhalten von Pkw- und Lkw-Fahrern im Kolonnenverkehr (Robatsch, 2001):

Am ersten Fahrstreifen auf österreichischen Autobahnen wird der 2-Sekunden Mindestabstand von 61% der Pkw-Lenker eingehalten, am zweiten Fahrstreifen nur mehr von 43%. Am ersten Fahrstreifen halten 83% der Pkw-Lenker mehr als eine Sekunde Abstand und am zweiten Fahrstreifen 71%.

Am ersten Fahrstreifen auf österreichischen Autobahnen wird der 2-Sekunden Abstand von 70% der Lkw > 3,5 t eingehalten, am zweiten Fahrstreifen nur mehr von 53%. Am ersten Fahrstreifen halten 90% mehr als eine Sekunde Abstand und am 2. Fahrstreifen 79%.


Wissen der Sekundenmethode

Nach einer Blitzumfrage dürfte etwa die Hälfte der Autofahrer die Sekunden-Methode vergessen haben: Man wählt einen fixen Punkt auf der Straße aus; also ein Verkehrsschild, einen Begrenzungspfosten oder den Schatten einer Brücke auf der eigenen Fahrbahn usw. Wenn das Heck des vor einem fahrenden Fahrzeuges an dieser Stelle ist, zählt man so lange die Sekunden bis auch die eigene Fahrzeugfront diese Stelle erreicht hat. Wenn man zwei Sekunden gezählt hat („einundzwanzig – zweiundzwanzig“), stimmt der Mindest-Sicherheitsabstand.


Abstand-Studie

Es ist ein Irrglaube, dass man Zeit verliert, wenn man den richtigen 2 Sekunden-Abstand einhält. Dazu wurde eine Felduntersuchung durchgeführt, die jeder Fahrer selbst ausprobieren kann:

Verkehrspsychologen unter der Projektleitung von Gregor Bartl legten im Jahr 2006 bei 84 Fahrten auf der gesamten Länge der Wiener Süd-Ost-Tangente 1.300 km zurück. Bei zwei Drittel der Versuchsfahrten wurden 2 Sekunden Abstand gehalten, bei einem Drittel der „ortsüblich sehr knappe“ Abstand. Eine Strecke betrug ca. 15 km und dauerte ca. 12 Minuten.

Beim 2 Sekunden Abstand drängten sich nur 3 Fahrzeuge pro Fahrt rein, bei knappem Auffahren durchschnittlich ein Fahrzeug. Die Zeitersparnis bei knappem Auffahren war unerheblich: 0 bis 20 Sekunden (fünf separate Fahrten mit zwei gleichzeitig gestarteten PKW).

Es wurde auch protokolliert wie viele Fahrzeuge, die vor einem fahren, die Spur aus verschiedensten Gründen verlassen, wodurch man eine Autolänge vorrückt: Im Durchschnitt ebenfalls drei Fahrzeuge. Im statistischen Durchschnitt kommt somit auf jede durch einen Reindrängler verlorene Autolänge eine gewonnene Autolänge.

Ein zentrales Ergebnis ist auch, dass unter beiden Versuchsbedingungen durchschnittlich drei vor einem fahrende Autos die eigene Spur verlassen haben. Das bedeutet, dass man nicht durch knappes Auffahren andere dazu nötigen kann, die eigene Spur zu verlassen. Übrigens: Keines der Versuchsfahrzeuge wurde jemals von hinten aggressiv, z.B. mittels Lichthupe, bedrängt.

Überraschend auch, dass jeder 2. „Hineindrängler“ nur maximal 1 Minute vor einem herfährt, bevor er die Spur wieder verlässt - und alles ist genauso wie es vorher war.

Die Verhaltensbeobachtung der Psychologen ergab, dass 65% der Spurwechsel dazu dienten vermeintlich rascher voranzukommen, 35% waren notwendige Spurwechsel.

Eine Blitzumfrage bei 100 Autofahrern (Durchschnittsalter 37 Jahre), die die Süd-Ost-Tangente häufig befahren, erbrachte völlig gegenteilige Einschätzungen: Die Befragten schätzten im Durchschnitt spontan, dass man mit 28 Reindränglern rechnen müsste, wenn man mit 2 Sekunden Abstand 15 km auf der Süd Ost Tangente fahren würde (tatsächlich nur 3, siehe oben). Und man würde dadurch ca. 3 Minuten an Zeit verlieren. Durch knappes Auffahren könne man die Reindrängler auf 9 reduzieren, schätzten die Befragten im Durchschnitt.

Offensichtlich führen falsche persönliche Überzeugungen bei vielen Fahrern dazu, dass sie keinen ausreichenden Sicherheitsabstand einhalten. Es ist wichtig, diese Diskrepanzen bewusst zu machen. Falsche Überzeugungen führen zu einem riskanten Fahrstil. Das wichtigste ist immer die persönliche Motivation. Man kann sich selbst die Frage stellen, für wen halte ich den Sicherheitsabstand? Eine passende Antwort wäre: Beim Sicherheitsabstand bin ich Egoist – 2 Sekunden für meine Sicherheit.


Hintergrundinfos zur vorliegenden Abstandstudie: Die Fahrten wurden im Monat Juni 2006 von Mo. bis Sa. zwischen 07.00 Uhr bis 20.00 Uhr durchgeführt. Die tageszeitlichen Differenzen waren statistisch nicht signifikant. Tendenziell mehr Spurwechsel gab es erwartungsgemäß in den Morgenstunden. Maximal wurden 13 Reindrängler gezählt. Die Geschwindigkeit der Versuchfahrten war dem Verkehrsfluss angepasst, langsame LKW (60 km/h-Limit) wurden überholt. Meist wurde auf der mittleren Spur gefahren. Gefahren wurde in beide Richtungen zwischen dem Bereich Kaisermühlen und der Einmündung in die Südautobahn. Es wurde mit unauffälligen Kompakt- und Mittelklasselimousinen gefahren. Es war jeweils ein Fahrer für die ständige Adaptierung des Abstandes verantwortlich, ein Beifahrer beobachtete und protokollierte.


Unfälle

Auf Autobahnen ist fast jeder zweite Personenschadensunfall ein Auffahrunfall. Ein durchschnittlicher Stau auf der Wiener Süd-Ost-Tangente führt laut einer ÖAMTC-Berechnung zu mehr als € 500.000,-- volkswirtschaftlichen Folgekosten (Berechnungsbasis: 2 Std. Stau mit 25 km Länge).


Film: Abstand-Experiment auf Flugfeld gratis download unter http://www.alles-fuehrerschein.at

Die Entstehung von Massenkollisionen wurde im August 2008 auf dem Flugfeld Wiener Neustadt bei Wien simuliert:

Fünf PKW und ein Motorrad jagten auf der Piste hintereinander über die Piste. Trotz 100 km/h wurde im Experiment nur ein Abstand von ca. 15 Metern eingehalten – das entspricht ca. drei Autolängen bzw. einer halben Sekunde. Aus Sicherheitsgründen fuhren die Fahrzeuge zwar hintereinander, aber dabei natürlich seitlich versetzt nebeneinander. Der Testleiter gab per Funk nur dem vordersten Fahrzeug den Befehl zum plötzlichen Notbremsen. Die weiteren Fahrer konnten erst notbremsen, sobald sie das Bremslicht des unmittelbar vor ihnen fahrenden Fahrzeugs sahen. Keiner der Testfahrer konnte hinter dem ersten Fahrzeug zum Stehen kommen. In einem Film zu diesem Experiment sieht man überzeugend, wie eine Massenkollision entstanden wäre. Die jeweiligen Aufprallgeschwindigkeiten wären enorm gewesen.

Danach fuhren die Fahrzeuge mit dem richtigen 2 Sekunden Abstand und alle konnten rechtzeitig zum Stehen kommen.

Berechnung:

Die Berechnung des Sicherheitsabstandes ist sehr einfach: km/h / 3,6 = m/Sek. Ein Beispiel: 100 / 3,6 = 27,8. Bei 100 km/h legt man also 27,8 Meter pro Sekunde zurück. Der richtige 2 Sekunden-Abstand beträgt somit ca. 56 Meter (27,8 x 2). Der „Sekundometer“ auf http://www.alles-fuehrerschein.at zeigt für jede Geschwindigkeit die Meter pro Sekunde und den 2 Sekunden-Abstand.